2. Juni 2020

Hallihallo, und da sind wir auch schon wieder!!!

 Wir hatten Euch ja schon angekündigt, dass es heute um „sehr kleine Tiere geht, die aber irgendwie auch ganz groß sind“ – klingt erstmal verwirrend, oder?

 

Das Rätsel ist aber schnell gelöst, wenn wir Euch verraten, um welche Tiere es heute geht: Also: es geht um Tiere, die – halt,nein,nein,nein – so schnell nun auch wieder nicht! Ihr könnt ja selbst noch ein bisschen raten, oder?!

Also noch einmal: es geht um Tiere,

  • die ziemlich viel unterwegs sind und dabei immer Kämme und Bürsten bei sich haben
  • auch mal gerne ein Hotel nutzen
  • zwar bewaffnet aber meist sehr friedfertig sind
  • die schon seit Jahrmillionen unsere Erde bewohnen

DIE WILDBIENEN!

(C) M. Düsterberg
(C) M. Düsterberg

Wenn es Euch nun so geht, wie vielen Menschen, und ihr jetzt erst einmal an Honigbienen denkt, die vielleicht dem Imker ausgebüxt sind, dann haben wir heute viele spannende Neuigkeiten für Euch!

 

Zunächst mal: Wildbienen sind keine Honigbienen, die unter den Insekten ja das einzige Haustier bei uns Menschen geworden sind. Sie sind die wildlebenden Verwandten der Honigbiene. Allein bei uns in Deutschland gibt es über 500 Arten von ihnen – sicher habt ihr die eine oder andere schon mal gesehen, aber vielleicht war Euch gar nicht klar, wen ihr da vor Euch habt?! Dann seid ihr vielleicht auch überrascht über das, was ihr heute über sie erfahren könnt!

 

Das, was viele von uns nicht wissen ist, dass Wildbienen unsere wichtigsten Blütenbestäuber sind. Ohne die Bestäubung von Bienen und anderen Insekten würden die meisten (etwa 80 Prozent) unserer Blütenpflanzen von der Erde verschwinden!!! Und das würde bedeuten, das nicht nur viele Tiere, sondern auch wir Menschen nicht mehr viel zu essen hätten! Denn bevor wir etwas ernten können, müssen die meisten unserer Nutzpflanzen in Feld und Garten von Insekten bestäubt werden! Also: ohne Wildbienen sieht es schlecht aus mit Erdbeeren, Kirschen und Co.

(C)M. Düsterberg
(C)M. Düsterberg

Aber wie funktioniert das eigentlich mit der Bestäubung? Wildbienen brauchen große Mengen Pollen und Nektar, um ihre Larven (ihre „Kinder“) großzuziehen. Pollen und Nektar finden sie in Blütenpflanzen. Und die Blütenpflanzen sind wiederum darauf angewiesen, dass sie von den Insekten bestäubt werden, damit sie Früchte und Samen bilden können (das ist ihre Art der Fortpflanzung. Wir essen diese Früchte und Samen dann natürlich auch gerne). Und so läuft das mit der Bestäubung:

 

Die schönen bunten Blüten locken mit ihrem Duft Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten an. Am Grund der Blüte befindet sich Nektar, eine leckere, süße, duftende Flüssigkeit, die Insekten unwiderstehlich finden! Während sie davon naschen, streifen sie mit ihrem Körper die Staubblätter (das sind die männlichen Fortpflanzungsorgane der Pflanze, in denen der Pollen produziert wird). Dabei bleibt der Pollenstaub an den Körperhaaren der Insekten hängen. Wenn zum Beispiel die Wildbiene dann zur nächsten Blüte fliegt, um zu naschen, transportiert sie dabei gleichzeitig den Pollen als „blinden Passagier“ mit. In den Blüten gibt es neben den männlichen Staubblättern auch noch den Fruchtknoten und die Narbe (das sind die weiblichen Fortpflanzungsorgane). Wenn die Wildbiene mit dem Pollen an den Haaren angekommen ist, bleiben diese, während die Biene genüßlich den Nektar schlürft, wiederum an der Narbe der Blüte hängen. Von dort aus breiten sich der Pollen dann im Fruchtknoten der Pflanze aus. Trifft er dort auf die Samenanlagen, kommt es zur Befruchtung (eine Zelle des Pollens befruchtet eine Eizelle). Und so ensteht ein Samenkorn! Kaum zu glauben, was da alles in so einer Blüte passiert, oder? Und wir nehmen das gar nicht wahr und freuen uns einfach, wenn wieder Erdbeerzeit ist! Tja, ohne die Wildbienen wäre Pustekuchen mit Erdbeeren oder anderen leckeren Früchten!

 

Welche Blütenpflanzen von welchen Bienen besucht werden, hängt übrigens oft von der Länge deren Rüssel ab. Wildbienen mit einem kurzen Rüssel haben es da natürlich etwas schwieriger, da sie auf Pflanzen angewiesen sind, deren Nektarquellen gut zu erreichen sind. Für andere, die etwas längere Rüssel haben, ist der Tisch etwas reicher gedeckt. Und dann gibt es auch Insekten, die sich Tricks einfallen lassen, um an die begehrte Nascherei zu kommen: sie beissen zum Beispiel einfach einen Teil der Blüte auf. Ach ja, Nektar ist übrigens auch das, woraus die Honigbienen den Honig machen.

Und der Pollen wird natürlich auch gesammelt. Denn den brauchen die Wildbienen ja, um ihre Larven zu füttern. Die Pollen, die am Körper, an Beinen und Fühlern haften, werden zusammengefegt und zum Nest transportiert. Zusammengefegt? Ja, die meisten Bienen besitzen tatsächlich so etwas wie Kämme, Bürsten und auch Pollenschieber und Sammelkörbchen. Sie bestehen aus besonders angeordneten Haaren am Körper der Biene. Die meisten Bienen gehören zu den „Beinsammlern“. Sie bürsten mit den Beinhaaren den am Körper haftenden Pollenstaub zusammen und streifen das Ganze an den Hinterbeinen in „Pollenspeichern“ oder „Körbchen“ wieder ab. Damit der Pollen sich besser transportieren lässt, befeuchten manche Bienen ihn immer wieder mit Nektar – so bleibt er etwas feuchter und hält besser zusammen. Wenn ihr das nächste Mal an einer Blütenreichen Wiese vorbeikommt, oder im Garten seid (in dem es hoffentlich auch viele Blütenpflanzen für Insekten gibt?), dann nehmt Euch doch einmal die Zeit, genauer zu beobachten, was an den Blüten so los ist! Wenn ihr dann eine Biene beim Nektar -und Pollensammeln entdeckt habt, schaut genau hin! Vielleicht habt ihr auch eine Lupe zu Hause – ihr werdet staunen, was ihr zu sehen bekommt! Und was da so leicht und fast spielerisch aussieht, ist für die Bienen Schwerarbeit! Sie haben alle Hände äähh, Beinchen voll zu tun und leisten uns dabei noch einen großen Dienst, indem sie die Bestäubung unserer Kulturpflanzen ( zum Beispiel im Obst- und Gemüseanbau ) übernehmen!

Da es, wie schon gesagt, sehr viele Arten von Wildbienen gibt, die zwar vieles gemeinsam haben, aber gerade, was das Anlegen ihrer Nester und die Aufzucht ihrer Larven angeht, sich doch auch unterscheiden, wollen wir Euch am Beispiel der Roten Mauerbiene einmal erzählen, wie das Leben einer Wildbiene überhaupt so aussieht: Nämlich ganz anders als das der Honigbienen, das steht fest!

 

Die meisten Wildbienen leben nämlich nicht in einem „Staat“ wie die Honigbiene (erinnert ihr Euch auch an unseren Bericht über die staatenbildenden Wespen?), sondern als einzelne Tiere, man nennt sie daher auch Solitärbienen.

Im Frühling haben Männchen und Weibchen der Roten Mauerbiene Paarungszeit. Danach sucht das Weibchen nach einem geeigneten Hohlraum, in dem es sein Nest und seine Brutzellen baut. So nennt man die kleinen Kammern, in denen später die kleinen Larven heranwachsen werden. Zunächst baut sie in dem Hohlraum eine Wand aus Speichel und Lehm, den sie gesammelt hat. Aus dem selben Lehmbrei werden dann auch die Brutzellen, die kleinen“Kinderzimmer“ gebaut. Hat sie die erste Brutzelle fertig, legt sie Pollen und Nektar als Nahrung für die Larve hinein. Aber nur halbvoll etwa, denn schließlich muss ja noch Platz sein für das Ei, das sie nun hineinlegt. Mit einer kleinen Portion Lehm wird die Brutzelle dann verschlossen – die „Kinderzimmertür“ wird zugemacht! Das war aber noch nicht alles! Nacheinander errichtet die kleine Biene weitere Brutzellen: Lehm, Pollen, Nektar, Ei/Lehm, Pollen, Nektar,Ei/Lehm, Pollen, Nektar, Ei....und so weiter. Dabei legt sie in den hinteren Brutzellen befruchtete Eier ab, aus denen sich Weibchen entwickeln. In den vorderen Brutkammern befinden sich dann die unbefruchteten Eier der zukünftigen Männchen. Die werden nämlich im kommenden Jahr als erste das Nest verlassen! Das ist ganz schön trickreich, was die Natur sich da so alles einfallen lässt! Denn stellt Euch mal den Stau vor, wenn die Männchen in den hinteren Kammern wären!

 

Nach einigen Tagen ist ein linienförmiges Nest mit etwa 10 Kammern entstanden. Etwa 10 Tage nach der Eiablage schlüpfen die Larven in ihren Zellen. Jetzt sehen sie erst einmal nicht wie Bienen sondern wie kleine fette Maden aus. Und in den folgenden 2-3 Wochen tun sie nur eines: fressen, fressen und nochmals fressen! Und wachsen natürlich! Dafür müssen sie sich mehrmals häuten – damit sie vor lauter Wachsen noch in ihre Haut „passen“. Schließlich beginnen sie einen Kokon zu spinnen, in dem sie sich verpuppen und zu „fertigen“ Wildbienen entwickeln. Im Spätsommer sind sie dann voll entwickelt, aber erst im kommenden Frühling werden sie ihren schützenden Kokon verlassen.

 

Das war nur ein Beispiel aus dem spannenden Leben der Wildbienen. Aber vor allem beim Nestbau sind sie wahre Meister und sehr erfinderisch!

Die große Gartenwollbiene sucht sich zum Beispiel Erdlöcher und Spalten in Mauerwerk und Holzbalken. Die Rote Mauerbiene nutzt löchriges Totholz, Lehmwände, Reetdächer, ja sogar ungenutzte Schlüssellöcher (das kommt tatsächlich vor!). Andere wiederum graben ihre Gänge in unbewachsenen Boden oder nagen sie in Totholz oder Pilze. Manche Bienen suchen sich verlassene Schneckenhäuser.

Die Blattschneiderbiene kleidet ihre Brutzellen mit abgeschnittenen Blattstückchen aus. Hier könnt ihr sie dabei beobachten:

Dann ist da auch noch die kleine Harzbiene. Sie baut Brutzellen aus Harz. Erdhummeln nutzen gern unbenutzte Mäusenester unter der Erde Und sie leben in einem kleinen Hummelstaat mit einer Königin und ihren Arbeiterinnen. Gemeinsam bauen sie Zellen aus Wachs für ihren Nachwuchs.

 

Ist das nicht erstaunlich, wie vielseitig das Leben der Wildbienen ist?

 

Ach ja, etwas Wichtiges wollen wir nicht vergessen: „bewaffnet, aber friedfertig“ - auch die Weibchen der Wildbienen besitzen einen Stachel. Aber von Natur aus sind sie nicht angriffslustig. Sie haben auch nur schwache Stechorgane, die unsere Haut kaum durchdringen können. Besonders den Solitärbienen (es gibt übrigens auch Solitärwespen) könnt ihr Euch problemlos nähern, wenn ihr sie beobachten wollt.

(C) M. Schäferjohann
(C) M. Schäferjohann

Leider gehören viele unserer Wildbienen heute zu den gefährdeten Arten. Ihr habt sicher auch schon mitbekommen, dass weltweit sogar von einem „Insektensterben“ gesprochen wird. Das ist traurig und sehr ernst zu nehmen. Für die Tiere, für die Natur ansich und also auch für uns Menschen. Ihr habt ja jetzt erfahren, wie wichtig die Insekten sind - die Welt braucht Wildbienen und Co!

 

Für das Insektensterben gibt es verschiedene Gründe: Zum einen fehlt ihnen zunehmend ein ausreichendes Angebot an Nahrung: Artenreiche Bauerngärten zum Beispiel mit nektar- und pollenreichen Blumen und Kräutern, Gemüsebeeten und Streuobswiesen gibt es nicht mehr viele (heute gibt es zu viele ordentliche „Ziergärten“, die wenig zu bieten haben für unsere Insekten). Dabei könnten wir, wenn wir unsere Gärten etwas naturnäher gestalten würden, den Wildbienen und anderen Insekten sehr helfen! Hier erfahrt ihr, wie das geht!

Am besten legt ihr gleich mit Eurer Familie los. Sogar auf dem Balkon könnt ihr viele tolle „insektenfreundliche“ Sachen machen!

Auch unsere heutige Landwirtschaft trägt leider massiv dazu bei, das Nahrung und auch Lebensraum für unsere Wildbienen verloren gehen. Die Ackerflächen werden immer größer und werden mit immer größeren Maschinen bearbeitet. Artenreiche, blühende und Schutz bietende Hecken, blühende Obsbäume und Feldränder mit Wildblumen sind vielerorts verschwunden.

Und auch chemische Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmittel, oder sogenannte Pflanzenschutzmittel, die in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen, schaden unseren Wildbienen sehr.

 

Zum Glück gibt es auch Landwirte, die sich bemühen, bienenfreundlicher zu wirtschaften. Und immer mehr werden Bio-Bauern und stellen auf eine ökologische Landwirtschaft um. In der Ökologischen Landwirtschaft dürfen solche stark insektenschädigende Spritzmittel zum Beispiel nicht angewendet werden. Auch sonst ist die Biologische Landwirtschaft für die Natur meist besser.

  • Wenn ihr mehr darüber wissen wollt, schaut doch einmal hier und hier rein.
  • Hier könnt ihr sogar bei einem Besuch auf einem Bio-Bauernhof dabei sein.
  • Dieser Film vom WDR zeigt Euch noch einmal, warum es unseren Bienen und anderen Insekten nicht gut geht.
(C) M. Düsterberg
(C) M. Düsterberg

Auch die Nistmöglichkeiten für unsere Wildbienen werden immer weniger. Ihr wisst ja nun, wie erfinderisch und vielseitig sie beim Bau ihrer Nester und Bruthöhlen sind. Aber was nützt das, wenn sie keine alten Bäume und kein Totholz finden? Wenn sie vergeblich nach Trockenmauern mit Ritzen und Höhlungen oder Lehmwerkgefachen (die haben meist nur alte Häuser, die modernen haben glatt verputzte Fassaden) suchen? Wo gibt es noch reichlich wilde Ecken mit Brombeergestrüppen, wo gibt es Trockenrasen und artenreiche Wiesen mit Wildstauden, in denen Bienen, die in den Stängeln der Pflanzen nisten, ihre Brutzellen anlegen können? Die Lebensbedingungen für unsere Wildbienen sind also immer schwieriger geworden.

 

Aber wir können auch eine ganze Menge für sie tun! Gestaltet Euren Garten insektenfreundlich, kauft beim Biobauern ein, denn so unterstützt ihr eine bienenfreundlichere Landwirtschaft –und ihr könnt auch Nisthilfen für Wildbienen und andere Insekten bauen!

Wie das geht? Beim NABU gibt es tolle Tipps!

Ihr könnt uns ja mal ein Foto von Eurem Insektenhotel oder Eurer Wildbienennisthilfe schicken! Wir sind schon gespannt!

Und vergesst nicht: draussen selber beobachten macht am meisten Spaß! Vergesst die Lupe nicht! Und nehmt gleich Eure Eltern und Geschwister mit!