(C)R. Jähne: Klickt mal auf das Bild!
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Hallo Ihr Lieben!

Heute begrüßen wir Euch auf „Rotmilanisch“ - in unserer Sprache ausgedrückt etwa so viel wie uuu wiuwiuwiu wiuuu. Nicht verstanden? Ehrlich gesagt: wir auch nicht. Auf jeden Fall aber solltet ihr Euch freuen, wenn ihr wieder mal draussen in der Natur unterwegs seid und genau diesen Ruf hören könnt! Denn er kommt von keinem keinem Geringeren als...

Dem König der Lüfte

oder Deutschlands heimlichen Wappenvogel – dem Rotmilan!

Sein Ruf ist gerade jetzt noch recht häufig zu hören, in der Zeit von Anfang April bis etwa Ende Juni nämlich, der Balz –und Brutzeit der Rotmilane. Vielleicht könnt ihr den wunderschönen Greifvogel dann auch am Himmel entdecken. Majestätisch gleitet er durch die Lüfte. Oh ja! Er ist ganz schön groß – er hat eine Flügelspannweite von bis zu 1,90m! Besonders aber könnt ihr ihn an seinem tief gegabelten Schwanz sofort erkennen! Ist er auch nahe genug, dass ihr die Farbe seines Gefieders sehen könnt? Es ist rostrot, auf der Unterseite schwarz und weiß; sein Kopf ist grau. Wenn er so über Euch dahingleitet könnt ihr vielleicht verstehen, warum man ihn in England auch „Red Kite“, „Roter (Lenk-) Drache“ nennt.

 

Das sieht dann zum Beispiel so aus:

Während des Fluges hält der Rotmilan nach Beute Ausschau. Und dabei ist er nicht gerade wählerisch: Von Regenwürmern, Mäusen, Maulwürfen und Feldhamstern über Vögel, Amphibien und Fische bis hin zu Aas frisst er so einiges. Aas, das können Fleischreste sein, die er auf Müllkippen findet. Vor allem aber Tiere, die aufgrund von Nahrungsmangel, Krankheit oder Alter gestorben sind, holt sich der Rotmilan. Oder tote Tiere wie Hasen oder Rehkitze, die bei der Heumahd getötet wurden (das heißt, beim Abmähen der Wiesen für die Heuernte vom Mähwerk erfasst wurden. Erinnert ihr Euch an unseren Bericht über die Rehkitze?) Manchmal zieht der Milan auch über Straßen seine Kreise, auf der Suche nach überfahrenen Tieren. Bei alledem sind wir schon bei einem ganz wichtigen Punkt angelangt: nämlich der Aufgabe der Rotmilane als „Gesundheitspolizei“! Dadurch nämlich, dass sie die Kadaver (also die toten Körper anderer Tiere) fressen, helfen sie der Natur, diese zu beseitigen. So breiten sich zum Beispiel nicht so viele Krankheitserreger aus. Und das ist sehr wichtig!

 

Es gibt auch noch andere Tiere, die Aas fressen und damit diese wichtige Aufgabe übernehmen: von Ameisen, Schnecken oder Fliegen über andere Insekten bis hin zum Fuchs oder großen Geier. Dabei ernähren sich manche Tiere fast ausschließlich von Aas, andere wiederum, wie auch der Rotmilan, bereichern damit nur ihren Speisezettel.

 

Jetzt im Juni haben die Rotmilane, was die Beschaffung von Nahrung angeht, alle Fänge (so nennt man die Füße der Greifvögel) voll zu tun. Ihre Küken, meist sind es 2-3, haben Riesenhunger! Hoch oben im Horst (Nest) der Rotmilane, oft bis zu 20m hoch in den Kronen großer Bäume versteckt, hocken sie und warten darauf, dass Vater Rotmilan Futter anschleppt. Anfangs werden sie von der Mutter noch ständig gewärmt und geschützt. Während dieser Zeit wird auch sie von ihrem Partner mit Nahrung versorgt. Jetzt, im Juni sind die Kleinen schon ganz ordentlich gewachsen, aber noch immer sehen sie ziemlich struppig und ehrlich gesagt auch ein kleines bißchen häßlich aus mit ihrem zerrupften, noch nicht vollständig ausgewachsenen Federkleid. Sind sie etwas größer, geht auch das Weibchen mit auf Nahrungssuche, denn es muss ja immer mehr Futter herbeigeschafft werden!

Hier könnt ihr beobachten, wie junge Rotmilane gefüttert werden:

(C) M. Schäferjohann
(C) M. Schäferjohann

 

Etwa 6-8 Wochen nach dem Schlüpfen kommt dann der große Tag - die Jungen (bis dahin nennt man sie auch Nestlinge) werden flügge! Spätestens jetzt wird es selbst in dem großen Rotmilanhorst (der kann bis zu 1m breit sein!) ganz schön eng. Die Jungvögel wollen ja ihre Flügel ausprobieren – es wird geflattert, gerangelt, gedrängelt und geschubst – und nicht selten macht das eine oder andere Geschwister eher unfreiwillig die ersten Flugversuche! Schon bald ist der Horst leer und die Jungvögel begleiten die Eltern auf ihren ersten Streifzügen durch die Luft! Wie muss das herrlich sein, so zu fliegen, was meint ihr?

(C) R. Jähne
(C) R. Jähne

Ihr würdet übrigens erstaunt sein, wenn ihr einmal einen Blick in den Horst werfen könntet! Das Nest ist vor allem aus ineinander verflochtenen starken Ästen gebaut. Daneben aber „verzieren“ allerlei sonderbare Fundstücke den Horst: Plastiktüten, Fetzen von Stoffen, Arbeitshandschuhe, Plüschtiere, Lederstücke von alten Schuhen, Unterhosen, Socken, Mützen, Tennisbälle,...all das hat man schon in den Horsten von Rotmilanen gefunden! Ob sie das wohl schön finden? Oder den ganzen Müll einfach nur als praktisches Baumaterial ansehen? Wenn ihr also demnächst wieder einmal aufgefordert werdet, „gefälligst Euer unordentliches Zimmer aufzuräumen“, dann weist doch Eure Eltern einmal darauf hin, dass es wahrlich Schlimmeres gibt: beim Rotmilan nämlich! Zur Sicherheit ist hier für Euch noch das Foto oben als Beweismaterial!

 

Rotmilane gehören übrigens zu den Zugvögeln. Schon etwa ab Ende September/Anfang Oktober ziehen sie wieder in Richtung Südwesten in wärmere Gebiete Europas, um dort den Winter zu verbringen. Dort finden sie dann nämlich auch genug Nahrung, wenn es bei uns in der kälteren Jahreszeit knapp werden kann. Für die beschwerliche Reise benötigen sie ungefähr 10-14 Tage, in denen sie Tagesstrecken von 50-200km zurücklegen.

 

Viele Greifvögel wie der Rotmilan können sehr energiesparend fliegen – sie sind mit ihren mehr oder weniger breiten Flügeln und dem fächerförmigen Schwanz hervorragende Segler. Mit den Schwungfedern, deren Stellung sie ähnlich wie die Klappen einer Flugzeugtragfläche verstellen können, regulieren sie die Luftströmungen an den Federn. So können sie im Flug sehr fein manövrieren. Je mehr Armschwungfedern ein Greifvogel hat, desto besser gleitet oder segelt er meistens. So kann er auch energiesparender fliegen, da er weniger Flügelschläge machen muss. Hinzu kommt die breite Fläche der langen Schwingen (Flügel) und die fächerförmigen Schwänze, die zusätzlichen Auftrieb geben. Je nach Greifvogelart und ihrer Lebensweise sind die Flügel unterschiedlich gestaltet.

Hier könnt ihr einen Rotmilan beim Beuteflug beobachten:

(C) R. Jähne: Sarah Herbort und Robin Jähne bei den Dreharbeiten zu ihrem preisgekrönten Rotmilanfilm.
(C) R. Jähne: Sarah Herbort und Robin Jähne bei den Dreharbeiten zu ihrem preisgekrönten Rotmilanfilm.

Sind die Rotmilane dann in den Überwinterungsgebieten, vor allem in Spanien, aber auch in Portugal oder Frankreich angekommem, verbringen sie den Winter in Gruppen. Vor allem nutzen sie gemeinsame Schlafplätze, an denen sich manchmal hunderte von Tieren treffen. „Unser“ Tierfilmer Robin Jähne berichtet Euch diese Woche von seinen spannenden Erlebnissen an solchen Schlafplätzen und an den sogenannten „Luderplätzen“, wo Nahrung für die vielen Greifvögel ausgelegt wird. Erst im Februar/März kehren die Rotmilane dann in ihre Brutgebiete zurück. Dort treffen sie sich meist mit ihrem Partner wieder, denn Männchen und Weibchen bleiben sich in der Regel treu. Und jetzt wundert ihr Euch vielleicht, weil es Euch so geht, wie uns: das ihr Euch nämlich daran erinnern könnt, das ihr aber doch im Winter auch einmal den einen oder anderen Rotmilan beobachten konntet? Eine Täuschung vielleicht? Nein, natürlich nicht!

Obwohl sie eigentlich Zugvögel sind, verbringen mittlerweile aber auch immer mehr Rotmilane den Winter hier bei uns und verlassen ihre Brutgebiete kaum noch.

Gefährdung der Rotmilane

Über die Hälfte aller Brutpaare, die es weltweit gibt, leben in Deutschland (die andere Hälfte verteilt sich auf Europa) – wir sind also das Land der Rotmilane! Und damit haben wir auch die besondere Aufgabe, diese tollen Greifvögel zu schützen, was meint ihr?!

Wieso denn schützen? Leider geht es auch den Rotmilanen in vielen Gebieten unseres Landes nicht gut. Das sieht man vor allem daran, das ihre Bestände deutlich abgenommen haben, das heisst es gibt immer weniger Tiere. Das hat verschiedene Gründe: Einer ist, dass sich durch die Einwirkung von uns Menschen die Lebensräume der Rotmilane zunehmend verändert haben. Noch vor wenigen Jahrzehnten fand der Rotmilan all das, was er zum Leben braucht, reichlich vor: weite abwechslungsreiche Landschaften, in denen es viele offene Flächen gibt, über denen er nach Nahrung Ausschau halten kann (der Rotmilan ist ein“Offenlandjäger“). Wälder, in denen große starke Bäume wachsen, im Schutz deren Krone er seinen Horst errichten kann (besonders gern am Waldrand). Und natürlich muss auch Lebensraum für seine Beutetiere sein – die brauchen Hecken, Gewässer, Felder, Wiesen und Weiden, die möglichst nicht viel gedüngt oder mit Chemikalien bespritzt werden. Damit auch eine Vielfalt an Pflanzen - Kräutern, Gräsern und Blütenpflanzen wachsen kann. Damit es dort auch wiederum Nahrung und Lebensraum für die Beutetiere des Milans gibt. Das kommt Euch alles irgendwie bekannt vor, nicht wahr? Da habt ihr völlig recht! Denn all das sind Lebensräume, die die viele unserer Tiere brauchen, über die wir auch schon berichtet haben. Nur leider werden sie eben immer weniger!

 

Warum?

Einfach dadurch, dass wir den Tieren und Pflanzen immer mehr Platz wegnehmen, zum Beispiel um Strassen, Häuser, Industrieanlagen und ähnliches zu bauen.

Leider ist auch unsere konventionelle Landwirtschaft ein großes Problem: Der Einsatz von Giften gegen Unkräuter und Nagetiere schadet auch dem Milan. Zum einen gibt es weniger Nagetiere (zum Beispiel sind Feldhamster fast ausgestorben), aber der Rotmilan kann auch krank werden oder sterben, wenn er vergiftete Tiere frisst. Die Felder sind immer grösser geworden und dort, wo auf riesigen Flächen nur noch hoher Mais, Raps oder Getreide dicht an dicht wachsen, findet der Milan kaum Nahrung.

Auch sind manchmal die Horstbäume der Rotmilane in Gefahr, vor allem wenn Bäume während der Brutzeit gefällt werden. Und leider gefährden auch die Windkraftanlagen, die wir ja eigentlich so dringend brauchen, die Rotmilane, da immer wieder Tiere von den Rotorblättern der Windräder erfasst und verletzt oder getötet werden.

Hilfe für den Rotmilan

(C) M. Schäferjohann
(C) M. Schäferjohann

Und wenn ihr jetzt denkt, dass das alles ja ganz schrecklich ist, erzählen wir Euch ganz schnell noch davon, was Menschen sich Tolles ausgedacht haben, um den Rotmilanen zu helfen!

 

In einigen Gebieten haben sich Leute aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft, aus Naturschutzverbänden und Kommunen zusammengetan. Sie haben sich gemeinsam überlegt, was man tun kann. Und das ist gar nicht so wenig: Bäume und Hecken pflanzen, kleine Gewässer anlegen, Blühstreifen säen und Flächen einfach mal nicht bewirtschaften (brach liegen lassen, nennt man das auch). Weniger Gifte in der Landwirtschaft einsetzen und mehr Vielfalt auf den Feldern schaffen, wie das auch im Öko-Landbau zum Beispiel schon gemacht wird. Es sollte mehr Flächen geben, die wieder von Tieren beweidet werden (darüber freuen sich die Kühe natürlich auch!). Wiesen können in Abschnitten gemäht werden, damit immer wieder freie Flächen da sind, über denen der Milan auch jagen kann (das nennt man auch Staffelmahd). Auf Horstbäume könnten wir mehr achten und diese schützen. Eine „rotmilanfreundliche“ Landschaft käme sehr vielen Tieren zugute! Und wenn viele Menschen nur ein paar dieser Möglichkeiten umsetzen, kann dem Rotmilan schon sehr geholfen werden.

 

Und die Windräder? Leider halten sich Rotmilane häufig in der Nähe von Windrädern auf, da die Erde darunter oft nur schwach bewachsen ist – dort lassen sich schnell Mäuse oder andere Kleintiere entdecken. Also muss man diese gefährlichen Bereiche für die Milane unattraktiv machen, zum Beispiel indem man sie dicht bepflanzt. Stattdessen können an anderen Stellen, etwas entfernt von den Anlagen, Gebiete so gestaltet werden, dass der Milan dorthin ausweichen kann. Und Windkraftanlagen müssen natürlich auch einen ausreichenden Abstand zu den Horsten haben.

 

Eine tolle Idee ist zum Beispiel das NABU-Rotmilanprojekt im Vogelsberg. Hier arbeiten viele Leute gemeinsam daran, den Rotmilan zu schützen und das klappt dort schon richtig gut. Hier könnt ihr darüber etwas lesen

 

Es gibt auch noch andere solcher Projekte, mit denen den Rotmilanen und anderen Greifvögeln schon geholfen werden konnte und die auch uns helfen, die Greifvögel besser zu verstehen und mehr über diese spannenden und wichtigen Tiere zu erfahren. Eines davon ist das Rotmilanprojekt des Kreises Lippe . Auch hier arbeiten viele Menschen und Organisationen gemeinsam an einer guten Sache für den Natur- und Artenschutz.

Mehr Infos:

  • Beim NABU-Porträt können die wissensdurstigen Rotmilanfans unter Euch noch jede Menge mehr über diese tollen Greifvögel erfahren: 
  •  Die NABU-Broschüre „Greifvögel, Herrscher der Lüfte“ könnt ihr hier für Euch und Eure Familie downloaden. Sie gibt Euch noch spannende Infos über unsere heimischen Greifvögel!
  • Und hier gibt es ein Ausmalbild vom Rotmilan als Poster.

Wenn ihr das nächste Mal draußen unterwegs seid, vergesst nicht ein Fernglas mitzunehmen, wenn ihr zu Hause eines habt. Greifvögel wie der Rotmilan fliegen manchmal sehr hoch, denn mit ihren „Superaugen“ können sie selbst aus einem Kilometer Höhe noch Beute ausmachen! Dann nutzen sie die Aufwinde und steigen immer höher und sind dann irgendwann nur noch als kleine Flecken am Himmel zu erkennen. Manchmal ist es aber auch recht einfach, sie zu beobachten: zum Beispiel, wenn Felder bearbeitet oder Wiesen gemäht werden. Denn die Rotmilane wissen ganz genau, dass dort Futter in Form von aufgescheuchten oder versehentlich überfahrenen Tieren zu holen ist. Dann fliegen sie einfach immer den Trackern hinterher! Und manchmal sitzen sie frühmorgens auf den noch feuchten Feldern und sammeln Regenwürmer. Dann könnt ihr sie natürlich super beobachten, sofern es Euch gelingt, Euch ihnen unbemerkt ein wenig zu nähern. Aber denkt auch immer daran: wir wollen die Tiere ja nicht stören, vor allem nicht beim Fressen!